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Auszüge, Rede von Cornelius am 08.05.05 zu einer Ausstellungseröffnung (gekürzt am 14.05.2022)

„Die Verschiedenheit meiner Bilder ist groß, da ich in Jedem sehr eigene Welten und verschiedenste Eindrücke verarbeitet habe. Jedes bräuchte eigentlich viel freie Fläche um sich herum und dazu sehr viel Zeit zum Betrachten.  Zeit habe ich mir gelassen, bin wochenlang, bisweilen monatelang in ihnen spaziert, habe die Horizonte erkundet und überschritten. Das freie Assoziieren ist mir sehr wichtig, das braucht viel Ausdauer und Arbeit, die nur zu oft auch wieder übermalt wird.“ (wenn es nicht mehr ins Konzept passt) Öfter wird mir vorgeworfen, dass ich in meinen Bildern zuviel erzähle, “das tue ein moderner Maler nicht” - das ist mir relativ unverständlich, da ich genau darin einen Sinn sehe, das genau mein Vergnügen und die Verarbeitung unseres jetzigen Lebens ist.

Jeder Mensch drückt die Erfahrungen seiner Zeit aus. Vergangenheit dient mir als Metapher, das Jetzt besser zu begreifen, womit mir die Gegenwart im Spiegel der Zeiten, transparenter wird. Die Festlegung auf gängige Metaphern der Moderne, ohne sie vergleichend neben die Vergangenheit zu stellen, wirken auf mich verloren und oft sinnlos.

„Begriffe und Bilder relativieren und erklären sich nur in einem überfassenden Kontext, der weit über die Jetztzeit hinausgeht. Erfahrungen des Gegenwärtigen in die Vergangenheit gestellt und umgekehrt, ergeben völlig neue Zusammenhänge, Bedeutungen und Vergleichsmöglichkeiten. So, lässt sich der Vorteil und der Nachteil, einer neuen Zeiterscheinung oder Sicht ermessen. Der Rückgriff in die Vergangenheit, steht bei meinen Bildern, an der vergleichenden Stelle, die eine Distanzierung zum Zeitgeschehen zulässt. Das Zitieren der Vergangenheit hat  nichts mit einer Idealisierung Dieser zu tun, sondern dient vielmehr zur Einordnung, des jetzigen Geschehens und dessen Relativität.“

Auch die Kunst regiert auf die Zeit und vorherige Stile und Dogmen. Heutige Ausagen wie “Die Kunst muss frei sein, aber der Künstler darf nicht..... (z.B)  hinter Beuys zurück” - widersprechen sich so offensichtlich

„Skurrilität, Gegenwärtiges und Vergangenes in meinen Bildern zu mischen, das ist für mich humorvolles sinnieren.“

„Humor ist eine nicht zu unterschätzende Leichtigkeit, das Leben zu bewältigen. In den schwierigsten Situationen der Menschheitsgeschichte, sind Witze entstanden und sie entstanden nicht, weil die Menschen ihre Situation und die Ausweglosigkeit ihres Zustandes nicht begriffen, sondern als Ausdruck des Mutes und des Widerstandes. Humor schafft, wozu klarer Menschenverstand nicht in der Lage ist, eine Distanzierung zum Geschehen herzustellen und damit einen größeren Überblick zu gewinnen. Humor hilft, durch die Relativierung, den Moment zu ertragen, ohne das Ausmaß seiner Bedrohung zu verkennen. Das Relativieren schafft neue Handlungsimpulse im Gehirn, schafft neue Vernetzungen, die auf dem gradlinigen Wege nicht  oder schwer zu erreichen sind. In diesem Sinne betrachte ich meine Malerei nicht als Flucht, sondern als ein relativierendes, humorvolles Darstellen dessen, was den Zeitgeist bestimmt - eine Veranschaulichung im komplementären Vermeiden der vorgeprägten Fernsehzeitgeistbilder. So zu malen, ist, für mich, nicht Ausdruck von Naivität, sondern eine Möglichkeit, die Wichtigkeit und Richtigkeit der vorgegebenen Meinungen subtil in Frage zu stellen.

„Nutzen Sie meine Bilder, um Abstand zu gewinnen, von dieser scheinbar eindeutigen Welt. Es gibt Werte, die nicht durch das Börsengeschehen beeinflusst werden können. Gute Kunst fragt, was ist der Mensch, was macht das Menschsein aus und das zu jeder Zeit. Ich hoffe, dass Sie unter diesem Aspekt ein anderes Verständnis von meinen Bildern bekommen.

„Und nun zum Entstehungsprozess meiner Bilder:“ „Die meisten Betrachter meiner Bilder nehmen an, dass sie, genau geplant, immer mit einer Vorzeichnung beginnen. Nein, das ist nicht der Fall. Ich beginne meistens mit einem strukturierten Grund, in dunklen Tönen. Das hilft mir, den „horror vacui“ , die Angst vor dem leeren Blatt, zu überwinden. Ich arbeite weniger mit der Zeichnung, als mit den Flächen, aus denen sich erst die Zeichnung entwickelt. Das ist für mich eine malerische und assoziative Vorgehensweise. Natürlich gibt es auch vorgezeichnete Bilder, allerdings seltener. Selbst dann bleiben viele Flächen offen und entwickeln sich erst im Verlauf. Der Beginn ist erst mal eine Suche, in dieser amorphen Struktur einen Anhaltspunkt zu finden. Ich entdecke Etwas, oder habe schon, in eine bestimmte Richtung hin, Etwas angelegt und verfolge diesen Malstrang, dabei entseht wiederum Anderes, was möglicherweise das Vorhergehende wieder verschwinden lässt. Es ist ein langwieriger Weg voller Umwege, doch nur so, lässt sich das „Unbewusste“ hervor locken und gibt etwas preis, führt zu Bildideen, die bei klarer Rationalität, nicht möglich gewesen wären. Erst wenn die Bildbearbeitung relativ weit fortgeschritten ist, entscheide ich mich für das endgültige Thema. Dann müssen sich alle Teile dieser Idee unterordnen, was noch mal zu einer Übermalung von sehr schönen Teilen führen kann. In langen Betrachtungssitzungen werden Teile mit Luft umgeben, nach hinten gedrängt, oder Andere durch Verstärkung nach vorne gebracht.¥  (push and pull“ ist einer der Lieblingsbegriffe von amerikanischen Malern wie Jackson Pollock, sie meinten wohl etwas neu eindeckt zu haben, aber das ist Handwerkszeug, seit es Malerei gibt.) Ich bin erst zufrieden, wenn die Bildlogik in sich stimmig ist, wenn ich das Gefühl habe, das Bild durchwandern zu können, ohne an Brüchen und Unlogischem hängen zu bleiben. Ein Bild, mag es noch so skurril sein, es muss in sich stimmen. Das Bild, „das etruskische Lächeln“ war zunächst sehr dunkel strukturiert, mit einer baumartigen Front. Dann besuchte ich Rom, sah die zwei Etrusker auf dem Kanapee´, hatte einige Caravaggios gesehen und schon geriet mir dieses Paar und Caravaggio in das Bild hinein. Genauso entstand das zweite „römische Bild“, es war zunächst eine Szene an einem See, nach Rom wurden daraus Säulen, Kathedralen, eine römische Baustelle und fliegende und abgestürzte Engel. Dann noch mal die Etrusker als Einzelbild auf ihrem fahrenden Kanapee´, nach über 2000 Jahren, wollte ich ihnen mal einen Urlaub gönnen. Auch die extremen Perspektiven von oben, entstehen ohne Vorlagen oder Vorzeichnungen. Alles ergibt sich aus der Malerei. Anders sieht es bei den grünen Halmen im roten Glas aus, oder den beiden Tibetern, da steht natürlich eine Vorzeichnung am Beginn. Grundidee zu den Tibetern war, die Rinde des Stammes etwa gleichartig wie die Haut der Alten zu gestalten. Die Zeitung in der Wüste (dieses Bild musste ich leider mangels Platz herausnehmen) lässt z.B. erkennen, wie es um unsere Wichtigkeit(en)¥  in anderer Umgebung steht. Immer wieder streue ich kleine Verstecktheiten in die Bilder, auf den ersten Blick sind sie nicht zu sehen, sind sie erst einmal entdeckt, wundert man sich wo sie vorher waren. Ich nehme mir viel Zeit für die Bilder, was wiederum sehr unzeitgemäß ist und sicher bei keinem Finanzbeamten und Banker Verständnis hervorrufen würde und diese Zeit ist ein unbezahlbares Gut, deswegen sollten Sie sich sehr viel Zeit zum Betrachten der Bilder geben. Um vielleicht doch den Einen oder Anderen Banker zu gewinnen, meine Bilder sind sozusagen ein Zeitdepot von unschätzbarem Wert und im Moment ist der Einstiegskurs noch äußerst günstig. Wenn Telecom schon wieder einen neuen Namen hat, ist mein Zeitdepot immer noch unverändert vorhanden. Die Entscheidung, ob sie, eine solch eine günstige Chance, nutzen wollen, überlasse ich Ihnen und wünsche Ihnen aber auf jeden Fall, viel Spaß beim Betrachten der Bilder.“

Es war interessant für mir diesen Text 8 Jahre später mir noch mal „zu Gemüte“ zu führen, - Jetzt nochmal gelesen - ist jetzt 18 Jahre her. ;-)

Ich fühlte mich damals, in meiner Kunst ziemlich angegriffen, die Kunst wurde immer enger definiert, die Ausstellungs- möglichkeiten auch immer weniger, die Bilder des Kunstmarktes leerer, seltener, die Reden der Kunstkritiker immer länger. Der theoretische Anspruch an die Kunst immer höher, die Ablehnung der Technik wird an den Akademien gelebt, das Sichtbare verstrudelt in unendlichen literaischen Theorien - aber wenn die Bilder selbst erzählen dann ist´s jenen Kritikern ein Graus.......

Und heute ? Die zukünftige “Kulturhauptstadt” hat bei ihren Verstaltungen zum Thema die bildenden Künstler vegessen einzuladen, nicht beachtet, hat noch nicht mal gemerkt, dass es hier keine würdigen Austellungsmöglichkeiten, Räume gibt.....falls jetzt der Einwand kommt, ja “Forum für Kunst” gibt es - keine Einzelausstellungen, Kunstverein stellt keine Heidelberger aus, das Museum selten, wenn dann eher nach dem Ableben.

 

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